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Damen 2. Bundesliga 2012 1. Kampftag

2012-05-05 17:00 von Carsten Dehmer

Personalpoker am Mattenrand

Svenja steigt ausManchmal entscheiden Kleinigkeiten - oder das Bauchgefühl. In der zweiten Judo-Bundesliga der Frauen hat der VfL Stade seinen einzigen Heimkampftag gegen den PSV Duisburg mit 2:4 verloren. Aber es war viel knapper, als es das Ergebnis vermuten lässt. VfL-Cheftrainer Egon Krien hatte sich in der Team-Aufstellung wenige Minuten vor dem Start auf sein Gefühl verlassen und noch einige Umstellungen vorgenommen. Es hätte ein ganz großer Tag für die VfL-Judoka werden können, am Ende gewannen die Gäste hauchdünn.
Wer die Wahl hat, hat die Qual. Wer gegen wen? In welcher Gewichtsklasse, oder lasse ich doch meine Top-Kämpferin in der höheren Klasse starten, weil sie wendiger ist? VfL-Trainer Egon Krien hat's nicht leicht. 24 Kämpferinnen stehen ihm für die neue Saison zur Verfügung. Das Personalpoker nur wenige Minuten vor dem ersten Kampf der neuen Serie in der zweiten Judo-Bundesliga der Frauen geht an die Nerven. Zugeben wird er es nicht - aber der Ehrgeiz ist groß. Auch wenn sich das VfL-Team keine Meisterschaftschance ausrechnet - viel wichtiger ist der gute Zusammenhalt und die tolle Stimmung in der Mannschaft. Also geht es für ihn nur darum, wie sich die Mannschaft in den bevorstehenden Begegnungen präsentiert.
Die Ausgangssituation war klar: Die Gäste des PSV Duisburg schicken eine wirklich starke Mannschaft in die neue Serie. Im vergangenen Jahr fertigten die Gäste den VfL Stade mit einem klaren 5:1 ab - ohne Chance für den VfL, an dem Ergebnis zu rütteln. An diesem Sonnabend in Bützfleth sah das ganz anders aus: Es war eine total ausgeglichene Begegnung. Da die "heimische" Sporthalle Camper Höhe belegt war, hatte der VfL beschlossen, den Kampftag in Bützfleth auszurichten. Ein weiterer geschickter Schachzug von Egon Krien. Hier feierten vor einigen Jahren die Judoka der Familie Ersoy im TuSV Bützfleth Erfolge in Serie - auch diesmal strömten die interessierten Besucher in die Halle; Rund 150 Zuschauer sahen die sieben Kämpfe der VfL-Judoka.
Zum Auftakt ging Henrike Steffens (-70 kg) gegen Julia Malcherek, Dritte der Deutschen Meisterschaften 2011, auf die Matte. "Die beiden kennen sich sehr gut", sagt Krien. Henrike wollte wahrscheinlich zu viel. Nach vier Minuten offenem Kampf riskierte sie zu viel und ihre Gegnerin konnte ihren Ansatz kontern. "Sie hat darauf gewartet. Eigentlich hätte es unentschieden ausgehen müssen - das wäre besser gewesen." Ein schmerzhafter Sturz auf das rechte Knie brachte sie kurz aus dem Konzept. "Aber das hat nicht den Ausschlag gegeben", so Krien.
Im Kampf der Klasse - 78 kg sorgte Lorena Müller mit dem 1:1-Ausgleich nach Punkten für Stimmung in der Halle. Gegen Anna Bormann hatte sie stets Griffkontrolle und konnte nach starker Gegenwehr ihre Gegnerin zweimal mit einem Schulterwurf auf die Matte zwingen. "Sie studiert in Osnabrück, trainiert beim Ligakonkurrenten Crocodiles mit, trotzdem will sie für uns kämpfen", freut sich der Trainer. "Dass sie für uns die richtige ist, hat sie heute gezeigt. Sie hat Kraft und kann den Kampf beherrschen."
Anna Schütt (- 52 kg) bot gegen Natascha Coerper einen beherzten Kampf. Zwei brenzligen Situationen konnte sie knapp ausweichen. Dann zeigte ihre Gegnerin konditionelle Schwächen. "Mit etwas mehr Ruhe im Bodenkampf wäre vielleicht mehr drin gewesen. Sie ist schnell und beweglich und hat viel Druck gemacht." Anna konnte keine entscheidende Wertung mehr durchbringen und ließ ihren VfL mit dem Unentschieden auf die Überraschung hoffen.
Nina Heidemann (+ 78 kg) kam überhaupt nicht mit ihrer Gegnerin Carina Kerstin zurecht und musste den Kampf schnell abgeben. "Vielleicht mein Fehler", gestand Krien ein. "Im vergangenen Jahr hatte sie mit ihr auch Probleme. Das hätte ich wissen müssen und besser jemand anders aufgestellt. Duisburg zog auf 2:1 davon.
Hoch motiviert trat Vera Hoffmann (- 63 kg) gegen Alice Schweinoch an - sie wollte den Ausgleich erzwingen. Zwei Wertungen ihrer Spezialtechnik brachten die Führung, dann verletzte sie sich bei einer unübersichtlichen Situation am Boden am Ellenbogen und die Duisburgerin gewann durch die höchste Wertung Ippon. "Ich habe gedacht, der Sack ist zu", ärgert sich Krien. "Aber sie hat zu lange gewartet und war verunsichert. Das wär's gewesen."
Das 1:3 war ein dicker Dämpfer für den VfL Stade. Und eine psychische Herausforderung für die beiden letzten VfL-Judoka Susan Arnold und Svenja Gehrmann.
In der Klasse - 48 kg präsentierte VfL-Neuzugang Susan Arnold Routine und ließ sich auch nach Anfangsschwierigkeiten gegen Sarah Küpper nicht beeindrucken. "Sie hat nervös angefangen und es sah recht wackelig aus", nahm der VfL-Coach seinen Neuzugang in Schutz. Nach und nach gewann Susan die Oberhand punktete zweimal mit einer Außensichel, um dann mit einem Hüftwurf ihren Kampf zu gewinnen. Egon Krien reckte vor Freude die Siegerfaust Richtung Hallendecke und feierte mit seinem Neuzugang den 2:3-Anschlusspunkt. "Das war ihr erster Kampf für uns und ich denke, Susan ist ein ganz große Gewinn für unser Team."
Mit Svenja Gehrmann (- 57 kg) ging nun die Jüngste als Schlusskämpferin auf der Matte. Sie zeigte seit Wochen aufsteigende Form und hatte damit das Vertrauen von Trainer Egon Krien. Ein ums andere Mal konnte sie ihre Gegnerin Anna Malcherek in Gefahr bringen, dann aber ging sie 30 Sekunden vor Kampfende ein noch höheres Risiko ein, um aus dem bis zu diesem Zeitpunkt unentschiedenen Kampf doch noch einen Sieg zu machen. Das wurde aber nicht belohnt und sie verlor. "Sie hätte einfach ihre Linie halten müssen, dann wäre es 3:3 ausgegangen", erklärt der VfL-Trainer. Trotzdem war er aber zugleich auch ein wenig stolz auf Svenja. "Sie hat eine ganz starke Leistung gebracht im Gegensatz zum vergangenen Jahr. Ihre Ansätze waren zwingend und leider hat sie sich zum Schluss ein wenig nervös machen lassen. Ein toller Kampf."
Die 2:4-Niederlage nach Punkten stören Chefcoach Egon Krien unterm Strich nicht die Bohne. Für ihn geht es jetzt darum, die neuen Kämpferinnen, die am ersten Kampftag noch nicht zum Einsatz kamen, ins Team zu einzubinden. "Sie werden ihre Chance bekommen", verspricht er. "Wir brauchen sie alle und sind froh, dass sie da sind." Vor allem überzeugt habe ihn die Einstellung, der Rest kommt mit der Routine. "Wir haben tolles Judo gezeigt. Wenn man bedenkt, dass wir noch nicht einmal die stärkste Mannschaft am Start hatten, war das wirklich hammermäßig."

Text Jens Lüneburg STADE

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